Was sind eigentlich Bedürfnisse - und was unterscheidet sie von Wünschen?

 

"Bedürfnis" - was für ein seltsames Wort...dachte ich lange Zeit immer wieder.

Hat ein Bedürfnis tatsächlich irgendwas mit "dürfen" zu tun?

Nach einer kleinen Recherche habe ich tatsächlich herausgefunden, dass das Wort "dürfen" früher tatsächlich mal die Bedeutung "etwas nötig haben" hatte.

 

Ahaaa! Da kommen wir der Sache schon näher!

 

Und auf Englisch ist eigentlich sofort so klar, was mit einem Bedürfnis gemeint ist, egal, welches der drei möglichen Wörter man sich aussucht:

Need = kommt von to need sth. = etwas brauchen

Want = kommt von to want sth.= etwas wollen

Desire = kommt von to desire sth. = etwas verlangen

 

Zurück übersetzt ist ein Bedürfnis also ein ganz persönlicher Wunsch.

Doch Vorsicht:

 

Ein Bedürfnis ist weit mehr als "nur" ein Wunsch.

Wünsche sind das, was wir im Leben WOLLEN und Bedürfnisse sind das, was wir BRAUCHEN.

 

Bedürfnisse sind grundlegende Erfordernisse, die notwendig sind, um zu überleben, persönlich zu wachsen und uns ausgeglichen zu fühlen. Sie sind ein tief in uns liegendes Verlangen, um unseren menschlichen Organismus stabil und gesund zu halten.

 

In der Wissenschaft spricht man von der so genannten Homöostase.
Damit ist die stabile Aufrechterhaltung des Gleichgewichts eines System (also auch unser Körper-Geist-Seele-System) durch einen geregelten Prozess gemeint. In unserem Körper geschieht z.B. die Regulation unserer Körperfunktionen (Körpertemperatur, Hormonhaushalt, etc.) durch bestimmte, immer gleiche, innerlich ablaufende Prozesse.
Die meisten unserer Bedürfnisse sind Bestandteile dieser Homöostase.

Sie dienen dazu, uns in innerer Balance zu halten.

 

Aber Fachwörter mal hin oder her. Fakt ist:

Bedürfnisse sind unser Lebensmotor!

 

Und damit sind nicht nur die Grundbedürfnisse wie z.B. Essen, Trinken, Schlafen oder Aktivität gemeint.
Auch Sicherheitsbedürfnisse wie Struktur oder Ordnung, soziale Bedürfnisse wie Austausch, Zugehörigkeit oder Fürsorge und Verwirklichungsbedürfnisse wie Kreativität sind elementar für unser persönliches Wohlbefinden.
(eine ausführliche Bedürfnisliste findest du übrigens auch in meinem Downloadbereich).

Wichtig zu wissen ist, dass wir Menschen zwar alle die gleichen Bedürfnisse haben, doch jeder eben in sehr unterschiedlicher Ausprägung. Ein Mensch braucht mehr Schlaf, der andere weniger. Eine Person braucht mehr Raum für Kreativität, die andere weniger.

 

Abgesehen von der Ausprägung der persönlichen Bedürfnisse können wir unsere Bedürfnisse mit sehr unterschiedlichen Strategien erfüllen (z.B. unser Bedürfnis nach Aktivität sowohl mit einem Gang in´s Fitnessstudio als auch mit einer Spaziergang in der Natur oder einem Tanzabend mit den Freunden).

Diese Strategien nennen wir dann WÜNSCHE.

Unsere Wünsche sind also dafür da, unsere Bedürfnisse zu erfüllen.


Eine Freundin von mir sagte letztens zu mir am Telefon:
"Hey Laura, ich hab grad total das Bedürfnis, mit dir in´s Cafe zu gehen."

Natürlich habe ich verstanden, worum es ihr ging, doch ganz korrekt waren ihre Worte nicht.
Denn ein Gang in´s Cafe ist eben kein Bedürfnis sondern ein Wunsch. Eine Bedürfniserfüllungsstrategie.
Ihre Bedürfnisse in diesem Moment waren wohl eher Austausch, Gemeinsamkeit, Unter Menschen sein und Genuss.
Und auch wenn ich an dem Tag nicht mehr mit ihr in´s Café gehen konnte, hat sie dann aber trotzdem noch ihre Bedürfnisse erfüllt bekommen. Den Austausch und die Gemeinsamkeit hatte sie noch mit mir am Telefon. Und die Bedürfnisse Genuss und Unter Menschen sein konnte sie sich abends noch mit einer anderen Bekannten erfüllen, mit der sie dann etwas essen gegangen ist.

 

Für unser inneres Wohlergehen macht es wirklich großen Sinn, uns immer wieder unsere Wünsche anzuschauen und zu überlegen, welches Bedürfnis wir uns eigentlich damit erfüllen wollen. Denn wie gesagt: Wünsche sind nicht elementar für unser Wohlergehen, Bedürfnisse aber schon.

 

Und noch etwas Wichtiges:
Es kann sein, dass dir als Kind oder Jugendlicher mitgegeben wurde, dass du keine eigenen Bedürfnisse haben darfst oder die Bedürfnisse, die du hast, nicht richtig oder angebracht sind.
An dieser Stelle möchte ich dir sagen:

Wir Menschen haben alle individuelle Bedürfnisse & jeder hat ein Anrecht auf die Erfüllung der eigenen Bedürfnisse.

Es gibt keine richtigen oder falschen Bedürfnisse.

Warum sollte es?
Bei Pflanzen kommt ja auch keiner auf die Idee, dass das ausgeprägte Bedürfnis nach Sonne bei der Palme etwas besseres ist als das ausgeprägte Bedürfnis nach Schatten beim Farn.
Alles sind Individuen mit unterschiedlich ausgeprägten Bedürfnissen.

 

Ein klitzekleines Problem gibt es nur bei unseren menschlichen Bedürfnissen: Sie sind wesentlich komplexer als die von Pflanzen oder Tieren.

Und gerade weil sie so vielfältig sind wissen wir oft gar nicht genau, welches Bedürfnis genau uns denn eigentlich gerade zu unserem Glück fehlt! Wir irren oft
umher, tun uns schwer mit Entscheidungen oder geben Anderen die Schuld an unserer schlechten Laune oder an unserer vertrackten Lebenssituation.

Manchmal spielen auch verschiedene Anteile in uns „Bedürfnis-Tauziehen": Unser inneres Kind braucht dann in einem Moment vielleicht Sicherheit und Stabilität, unser erwachsenes ICH dagegen zur gleichen Zeit Selbstverwirklichung. Dann fühlen wir häufig ein inneres WirrWarr, machen Sachen, über die wir uns später ärgern, oder aus unserem Mund kommen Worte, die wir lieber nicht gesagt hätten.

Wer seine Bedürfnisse nicht kennt und/oder sie anderen nicht mitteilen kann, wird wohl immer wieder mit anderen in Konflikte geraten oder sich einfach nicht „bei sich" fühlen.

Daher ist es so wichtig, die eigenen Bedürfnisse zu erforschen und ihnen eine erwachsene Sprache zu verleihen.
Genau dabei unterstütze ich dich in meinen Sitzungen und Workshops.

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