Neues Jahr, Neue Gefühle - Kann man einfach so "umfühlen"?

 

Hallo im neuen Jahr! Willkommen in 2018!

Ich hoffe, Du hattest einen guten Rutsch ganz so wie Du es Dir vorgestellt hast?
Nun ist es jedenfalls schon seit fast zwei Wochen da - das neue Jahr 2018!
Gehörst Du auch zu den Menschen, die den Jahreswechsel dazu nutzen, das vergangene Jahr Revue passieren zu lassen und sich für das kommende Jahr neue Ziele zu stecken oder gute Vorsätze zu entwickeln? Oder bist Du eher jemand, der oder die sich einfach ins Leben stürzt und schaut, was da kommt?

Ich habe bei meiner Arbeit sehr häufig mit Menschen zu tun, die etwas ändern wollen. Und gerade der Anfang des neuen Jahres scheint dafür bei vielen von uns der richtige Moment zu sein. Manchmal sollen es große Veränderungen sein, zum Beispiel den Job wechseln oder einen neuen Partner finden. Bei einigen sind es eher Gewohnheiten, die sich ändern sollen – wie etwa das Rauchen aufhören, mehr Sport treiben oder endlich weniger Zucker oder Weizen essen. Häufig höre ich aber auch den Wunsch, ab jetzt endlich gelassener zu werden, im Streit mit dem Partner nicht mehr so schnell aufzubrausen, bei Kritik vom Chef nicht immer so gekränkt zu sein, weniger Neid zu spüren oder seltener an sich selbst zu zweifeln.
Es geht also vielen Menschen darum, im neuen Jahr ein „altes“ Gefühl NICHT mehr fühlen zu wollen. Weniger Wut. Weniger Hass. Weniger Traurigkeit. Weniger Schuldgefühle. Weniger Zweifel. Weniger Rache. Weniger Scham. Weniger Ungeduld. Weniger Angst. Weniger Eifersucht.

Und dann kommt meist die Frage, die mir gestellt wird:
Wie schaffe ich das, Laura? Wie bekomme ich es endlich hin, dieses eine lästige Gefühl nicht mehr zu fühlen? Wie kann ich endlich „umfühlen“?

Ich würde dann natürlich am liebsten antworten: „Das ist doch ganz simpel! Ab jetzt musst Du einfach nur jeden Morgen für 30 Sekunden in den Spiegel lachen, drei mal laut „Mir geht es gut!“ sagen, Dich ordentlich recken und strecken, dann noch zehn Liegestütze machen und dann tadaaaa: Dein Gefühl wird positiv sein!“
Leider, leider, leider muss ich Dich enttäuschen: Auch wenn diese Mini-Formel Dich unter Umständen tatsächlich jeden Morgen ein kleines bisschen besser gelaunt in den Tag starten lässt, wird sie Dir sicher nicht dazu verhelfen, im kommenden Jahr eines Deiner nicht-gewünschten Gefühle generell nicht mehr zu fühlen. Und leider (oder eigentlich auch „zum Glück“) gibt es auch keine andere EasyPeasy-Formel, die Dir ein Umfühlen auf Knopfdruck ermöglicht!

Aber es gibt einen Weg, der Dich neu fühlen lässt! Der ist nicht schnell und auch nicht leicht. Aber er ist machbar! Und aufregend! Und er führt Dich näher zu Dir selbst, Deinen Bedürfnissen und Deinen Wünschen. Dieser Weg ist auf jeden Fall ein tolles Ziel für das kommende Jahr!

Am besten ist es, sich als Vorsatz erst einmal nur ein einzelnes Gefühl herauszupicken, welches man nicht so gern hat und ändern möchte. Auch mit „Gefühls-Zielen“ ist es so wie, wenn man sich vornimmt, innerhalb von einem Jahr sowohl mit dem Rauchen aufzuhören als auch 15kg abzunehmen und dann auch noch zukünftig kein Fernsehen mehr zu schauen. Das kann klappen. Die Wahrscheinlichkeit, dass man letztendlich aber gar keines der Ziele erreicht, ist höher, als wenn man sich nur einen Vorsatz nimmt, den man dann konsequent im Blick behält.

Und genau wie bei allen anderen Neujahrs-Vorsätzen, bei denen man irgendein bisheriges Verhalten ändern möchte, bringt es auch beim „Umfühlen“ nichts, einfach nur zu sagen „Das lasse ich jetzt!“ oder „Das will ich nicht mehr!“. Denn wenn wir einfach nur versuchen, etwas sein zu lassen, was machen wir denn dann in dem Moment? Einfach nur schweigen? Oder einfach nur dasitzen? Genau wie unser Körper (und vor allem unser Gehirn) eine alternative Handlung benötigt, wenn wir aufhören wollen zu rauchen, so brauchen wir auch eine Alternative, wenn wir ein anderes Gefühl fühlen wollen.

Es macht also zu erst einmal Sinn, sich zu überlegen, was man denn in einer bestimmten Situation am liebsten statt des unangenehmen Gefühls fühlen möchte. Wenn ich also als Vorsatz für das neue Jahr habe, nicht mehr so schnell wütend zu werden, wenn mein Chef mir mal wieder Druck macht oder mein Freund bis nachts um die Häuser zieht, dann sollte ich mir überlegen, was ich denn lieber fühlen würde. Vielleicht Ruhe? Gelassenheit? Selbstsicherheit? Vertrauen? Eventuell sogar Mitgefühl für meinen Chef oder Partner?

Und dann spüre einmal in Dich hinein: Was passiert in Dir, wenn Du daran denkst, was Du stattdessen fühlen möchtest? Was löst dieses neue Gefühl aus? Wird etwas warm in Dir? Geht da etwas auf? Kribbelt da etwas in Dir? Fühlt sich da etwas frei an? Das ist wunderbar! Dann bist Du Deinem Neue-Gefühle-Vorsatz schon sehr nah!
Vielleicht verkrampft sich allerdings etwas in Dir? Eventuell kneift Dein Bauch allein schon beim Lesen der positiven Gefühle? Eventuell wird etwas eng in Deiner Brust, wenn Du liest, dass Du Mitgefühl für Deinen Chef oder Partner haben sollst? Vielleicht denkst Du: „Wie soll ich denn bitte ruhig bleiben, wenn mein Chef mir die zwanzigste Aufgabe mit dringender Deadline zusendet? Da muss der sich doch ändern und endlich Verständnis aufbringen!“?

Aha! Genau solche Gedanken sind ein wunderbarer Hinweis darauf, dass das Ursprungsgefühl (in diesem Fall die Wut) eine Daseinsberechtigung hat. Es will Dir etwas zeigen. Und das ist NICHT, dass die andere Person sich ändern sollte. Das geht nämlich nicht. Dein Gefühl will DICH auf etwas aufmerksam machen und DICH dazu bewegen, etwas zu verändern. Oder vielleicht auch etwas zu akzeptieren. Und das Gefühl wird so lange immer wieder in ähnlichen Situationen auftauchen, bis Du endlich herausgefunden hast, auf was es Dich aufmerksam machen möchte.

Du ahnst wahrscheinlich schon, was ich jetzt sage: Leider, leider lassen sich Gefühle nicht einfach so ohne weiteres gegen andere Gefühle austauschen. Sie wollen nicht einfach verdrängt oder beseitigt werden. Wenn man genau das versucht werden sie immer intensiver. Sie wollen zuerst einmal betrachtet werden. Und sie wollen verstanden werden.

Es ist also wichtig, sich mit dem Gefühl, welches Du da im kommenden Jahr loswerden möchtest, erst einmal „anzufreunden“. Genauso wie man sich selbst von einem guten Freund Verständnis wünscht, so möchte auch das unangenehmste Gefühl von Dir verstanden und akzeptiert werden.
Jedes Gefühl, sei es noch so unbeliebt, hat tatsächlich einen Sinn. Es gibt kein Gefühl, was nicht für irgendetwas gut ist. Leider haben wir in der Schule kein Fach, das „Gefühlskunde“ heißt. Und so müssen wir uns nun selbst an dieses besondere Kennenlernen heranwagen.

Dazu gibt es ganz unterschiedliche Methoden. Es gibt sehr wirksame Herangehensweisen, die mit dem Körper arbeiten, da sich Gefühle immer über Körperreaktionen äußern und auch im Körper gespeichert bleiben. Und es gibt Herangehensweisen, die sich den Gefühlen über unsere Gedanken annähern, da Gefühle stets durch Gedanken (sprich: die gedankliche Bewertung von Situationen) ausgelöst werden. Es gibt Methoden, die sich eher mit der Vergangenheit beschäftigen, um an die Ursprünge unserer Gefühle heranzukommen. Und es gibt Tools, mit denen man sozusagen in die Zukunft reisen kann.

Ich werde hier im Blog in den kommenden Monaten immer wieder verschiedene Methoden beschreiben und gemeinsam mit Dir schauen, was diese so bewirken können. Ich möchte Dich dabei unterstützen, dass 2018 das Jahr wird, in dem Du tatsächlich lernst, dass Du in der Lage bist, anders zu fühlen. Aber nicht mit einem Knopfdruck, sondern indem Du Dich mit Deinen Gefühlen vertraut machst. Und ich möchte dabei sozusagen Deine „Gefühls-Dolmetscherin“ werden. Ich werde Dir in den kommenden Artikeln immer wieder erläutern, welche Gefühle wir eigentlich so alle haben und wie sie entstehen. Wo kommen sie her, wo wollen sie hin, was können wir damit so alles machen?

Und für die erste Annäherung mit Deinem alten „Ich will Dich nicht mehr-Gefühl“ und dem neuen „Ich will Dich-Gefühl“ möchte ich Dir hier eine erste, klitzekleine Übung mitgeben:

Solltest Du bereits mit Meditation, Trancen oder Achtsamkeitsübungen vertraut sein, empfehle ich Dir, in den nächsten Wochen und Monaten immer wieder innerhalb einer Deiner Sitzungen in die entsprechenden Gefühle und Situationen hinein zu spüren. Stell Dir die auslösenden Situationen intensiv vor und stell Dir in der Meditation die oben stehenden Fragen. Wenn Du bisher noch keine Achtsamkeits-Erfahrung hast, macht das gar nichts. Beobachte Dich und Deine Gefühlswelt einfach und schreib alles, was Dir auffällt in Dein Gefühls-Tagebuch. Werde zu Deiner eigenen Ich-Entdeckerin.
Das ist ein wunderbarer erster Schritt. Alle weiteren Schritte hin zu Deinem "Ich will Dich-Gefühl" gibt es dann peu a peu.

Ich wünsche Dir auf jeden Fall ein wundervolles 2018 mit spannenden Annäherungen an Deine Gefühlswelt und freue mich sehr auf unsere gemeinsame „Ich-Entdeckung“ in den kommenden Monaten.

Alles Liebe

 

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